Hamburger Urteil gegen Heilpraktikerin:
DGPRÄC ruft die neue Regierung zum Handeln auf

Berlin, 06.01.2022 – In Hamburg wurde eine Heilpraktikerin der gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen und zu acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Außerdem wurde ihr vom Gesundheitsamt ein Berufsverbot ausgesprochen. Nach einer nicht fachgemäß durchgeführten Faltenunterspritzung mit Hyaluronsäure einer Schülerin unter ihrer Aufsicht bildeten sich Abszesse im Gesicht einer Patientin. Diese musste in Folge im Krankenhaus behandelt werden und hat nun drei Operationen hinter sich.

„Dieser tragische Fall zeigt ein weiteres Mal, wie überfällig eine Regulierung von Hyaluronsäurefillern ist und dass der Wildwuchs im Heilpraktikerwesen einer dringenden Reform bedarf“, so Prof. Menke, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC).

Den Heilpraktiker-Dschungel lichten
Nach der aktuellen Gesetzeslage ist es Heilpraktikern gestattet, Injektionen vorzunehmen, wozu auch Faltenunterspritzungen mit Hyaluronsäure gehören. Dabei brauche es Jahre, so Prof. Menke, bis ein Arzt die Gesichtsanatomie so gut kenne, dass er die Substanzen sicher anwenden könne. Entsprechend sei es völlig unverständlich, warum Heilpraktiker für diese Eingriffe weiterhin zugelassen seien. Die Forderung nach einer Anpassung der Heilpraktikerordnung ist nicht neu: Wie bereits im „Rechtsgutachten zum Heilpraktikerrecht“ (April 2021) des Bundesministeriums für Gesundheit festgestellt wurde, ist eine neue gesetzliche Regelung dafür nötig, welche Berufsgruppen die Heilkunde ausüben dürfen und welche Qualifikation dafür erforderlich ist. Die DGPRÄC fordert daher die neue Bundesregierung auf, endlich entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Zugang zu Medizinprodukten muss geregelt werden
Gleiches gilt für die verwenden Medizinprodukte. Da Hyaluronsäure frei verkäuflich ist, kann es auch von unqualifizierten Anwendern problemlos erworben werden. Dabei kann eine fehlerhafte Behandlung noch viel weitreichendere Folgen nach sich ziehen als im Hamburger Fall: „Wird Hyaluronsäure versehentlich in ein Blutgefäß oder einen Nerv gespritzt, können im schlimmsten Fall Teile des Gesichts absterben oder es kann zur Erblindung kommen“, erläutert Prof. Menke.

Die DGPRÄC fordert daher bereits seit 2013 Hyaluronsäuren als Medizinprodukt der Klasse III einzustufen. Mit einer solchen Änderung der Medizinprodukteabgabenverordnung ginge eine Verschreibungspflicht einher, so dass die Abgabe ausschließlich Ärzten vorbehalten wäre.

Ästhetische Eingriffe und Social Media
Gerade vor dem Hintergrund der weit verbreiteten Bewerbung ästhetischer Eingriffe über Social-Media-Kanäle hat das Thema weiter an Brisanz gewonnen. So wird der Kontakt junger Menschen mit diesen Behandlungsmethoden immer niedrigschwelliger, wobei eine kritische Darstellung der Risiken oft auf der Strecke bleibe. Dies im Zusammenspiel mit vielen unqualifizierten Anwendern ergäbe, so Menke, eine gefährliche Gemengelage, die den Gesetzgeber zum Handeln verpflichtet.

Die DGPRÄC ruft daher die neue Bundesregierung dazu auf:

  • – Hyaluronsäuren als Medizinprodukt der Klasse III einzustufen.
  • – Medizinische Eingriffe wie Faltenunterspritzungen nur durch entsprechend ausgebildete Ärzte zuzulassen.