Der Besondere Patient 2025: „Eine weite Reise und ein komplexer Eingriff“

Leipzig, 25.09.2025 – Der 10-jährige Mirwais stürzte Ende 2023 in seinem Heimatland Afghanistan so unglücklich von einem Dach, dass er sich eine komplizierte Fraktur von Elle und Speiche des rechten Unterarms zuzog. Mehrere Operationen vor Ort führten leider nicht zur Heilung, im Gegenteil: Es entwickelte sich ein schwerer Infekt mit chronischer Osteomyelitis. Dabei handelt es sich um eine entzündliche, destruktive Erkrankung des Knochens, die nicht nur schmerzhaft ist, sondern auch die Funktion stark einschränkt. Letztendlich war die Erkrankung so weit fortgeschritten, dass die betroffenen Knochen in Unterarm und Handwurzel derart degeneriert waren, wodurch die Hand komplett funktionslos war. Neben den Schmerzen litt das Kind daher unter einer massiv eingeschränkten Lebensqualität.

Über das Friedensdorf International nach Bochum
Eine Kooperation zwischen dem Friedensdorf International und der Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie Bergmannsheil Bochum half hier weiter: Das Friedensdorf sorgte sich darum, dass der Junge nach Deutschland gebracht wurde und hier betreut wird, das Bergmannsheil Bochum übernahm die Kosten für die Operation. Dabei erforderte die komplexe Verletzung die ganze Erfahrung der Plastischen Chirurg:innen. Das OP-Team unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Marcus Lehnhardt (Chefarzt der Klinik und Präsident der DGPRÄC) nahm zunächst ein Débridement vor, sprich abgestorbene und infizierte Knochen und Gewebe wurden entfernt. „Parallel dazu haben wir den zerstörten Knochenbereich mit einem freien Transplantat vom Wadenbein rekonstruiert“, so Lehnhardt. „Das heißt, wir haben zunächst gesunden Knochen aus dem Unterschenkel entnommen, diesen ins Handgelenk eingepasst und dort wieder an die Blutversorgung angeschlossen.“ Nach etwa sechs Wochen stellten die Plastischen Chirurgen erfreut fest, dass der Eingriff gelungen und das Knochen-Transplantat gut eingeheilt war. Dem Ziel, Mirwais eine schmerzfreie, belastbare und funktionelle Hand zurückzugeben, war man damit den entscheidenden Schritt nähergekommen.

Dabei zeigte der junge Patient während der gesamten Behandlung bemerkenswerten Mut, Geduld und Vertrauen gegenüber seinen Behandelnden, dies trotz mehreren tausend Kilometern Entfernung zu seiner Familie und Heimat, der Sprachbarriere und der schweren Krankheitsgeschichte. „Mirwais befindet sich aktuell noch in intensiver Physio- und Ergotherapie, um die Beweglichkeit und Funktion der Hand schrittweise wiederzuerlangen, bevor er in seine Heimat zurückkehren wird“, berichtet Lehnhardt und führt aus: „Wir konnten nicht nur seine Schmerzen lindern, sondern ihm mit der nun wieder funktionellen rechten Hand auch eine Perspektive für die Zukunft schaffen. Mirwais war dabei sehr tapfer und wir freuen uns, dass wir helfen konnten. Dabei spielt auch die gute Betreuung im Friedensdorf in Oberhausen eine entscheidende Rolle.“

Mirwais wird von der DGPRÄC mit dem Preis „Der besondere Patient“ ausgezeichnet. Dieser Preis ehrt Menschen, deren Operation die vielfältigen Möglichkeiten der Plastischen Chirurgie erkennen lässt und deren Courage auch anderen Betroffenen Mut machen kann. Mirwais Schicksal steht dabei stellvertretend für viele Kinder aus Krisenregionen. Die Verleihung des mit 1.500 Euro dotierten Preises findet im Rahmen der 55. DGPRÄC-Jahrestagung am 26. September 2025 in Leipzig statt. Bei der Tagung ist auch das Friedensdorf International anwesend, um neue Kooperationspartner zu gewinnen, so dass noch vielen Kindern geholfen werden kann.

Das Friedensdorf international
Seit 1967 hilft Friedensdorf International verletzten und kranken Kindern aus Kriegs- und Krisengebieten durch medizinische Behandlungen in Europa. Mit nachhaltigen Projekten wird die medizinische Versorgung in verschiedenen Ländern weltweit verbessert und die friedenspädagogische Arbeit des Friedensdorf Bildungswerkes fördert soziales Bewusstsein besonders bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Zuletzt hat Friedensdorf International mehrfach Soforthilfe nach Überschwemmungen und Erdbeben in Afghanistan geleistet. Auch steigt die Zahl der Auslandsoperationen, die das Friedensdorf nach einer Prüfung der Möglichkeiten vor Ort finanziert.