Gynäkomastie – ein Fall für den Plastischen Chirurgen

Berlin – So anziehend Brüste für Männer auch sein mögen – am eigenen Leib sehen sie das weibliche Attribut nicht gern. Es wundert daher wenig, dass die vergrößerte Männerbrust ein Tabuthema ist. Doch an der Gynäkomastie, der gutartigen Vergrößerung der männlichen Brustdrüse, leiden mehr Männer als oft angenommen. Entsprechend groß war das Interesse am DGPRÄC-Expertenchat über die Gynäkomastie, bei dem Dr. Steffen Handstein Fragen zum Thema beantwortete. Der Chefarzt der Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Brustchirurgie am Städtischen Klinikum Görlitz hat längjährige Erfahrung auf dem Gebiet der Gynäkomastie.

Im Kern des Interesses standen Brüste, die in Kombination mit starkem Übergewicht entstanden waren. Salopp auch „Bierbusen“ genannt, bestehen diese Brüste nur aus Fettgewebe und werden daher als „Pseudogynäkomastie“ bezeichnet. Zur Entfernung kann eine Fettabsaugung ausreichend sein – wenn diese überhaupt nötig ist. „Oft löst sich das Problem schon durch einfaches Abnehmen“, rät Dr. Handstein. „Falls danach immer noch störende Brustansätze vorhanden sind, kann man immer noch eine Absaugung vornehmen.“

In den meisten Fällen jedoch bestehen die wenig maskulinen Männerbrüste aus einem Überschuss an Drüsengewebe und Fett. Doch wie kommt es dazu? Oft sind Hormonschwankungen Auslöser für eine Gynäkomastie, etwa direkt nach der Geburt oder im höheren Alter. Während oder unmittelbar nach der Pubertät leiden einer Studie zufolge bis zu 35 Prozent an den auffälligen Brüsten. In den meisten Fällen verschwindet der Brustansatz aber wieder von selbst.

Bleiben die Brüste bestehen, kann dies ein Indiz für eine Krankheit sein. „Bevor man sich über eine Operation der Brüste informiert, sollten zunächst mögliche Erkrankungen ausgeschlossen werden, die der Grund für die Gynäkomastie sein könnten“, rät Dr. Handstein. Auslöser können sowohl Medikamente, Nieren- oder Leberkrankungen, als auch Mangelernährung oder, in seltenen Fällen, eine Krebserkrankung sein. Sogar der Konsum von Drogen wie Marihuana oder das Einnehmen von Anabolika zum Muskelaufbau können Gründe für eine Gynäkomastie sein. Der Hausarzt oder der Urologe sollten diese Auslöser zunächst ausschließen. Danach ist eine Vorstellung beim Plastischen Chirurgen sinnvoll, der über die Möglichkeiten einer Operation beraten kann. Diese erfordert in der Regel einen unterschiedlich gelagerten Schnitt, durch den das überschüssige Drüsengewebe entfernt wird.

Die Frage, ab welcher „Körbchengröße“ eine Männerbrust nicht mehr „normal“ ist, ließ sich nicht pauschal beantworten. „Die Größe wird von Patient zu Patient individuell sehr unterschiedlich eingeschätzt“, erklärt Dr. Handstein. Aber auch wenn die Brüste nicht als störend empfunden werden, sollte eine mögliche Grunderkrankung ausgeschlossen werden.