Behandlung des Lipödems:
Nachhaltig von der Last befreien!

Potsdam, 14. Oktober 2021 – „Rund 3,8 Millionen Frauen in Deutschland sind vom Lipödem betroffen“, schätzt Dr. Mojtaba Ghods, Leiter der AG Lipödem in der DGPRÄC. Dabei handele es sich, so Ghods, um krankhafte, sehr schmerzhafte, symmetrische Fettansammlungen an Beinen und/ oder Armen, die oft vererbt würden. Fast ausschließlich seien Frauen betroffen. Sie wüssten häufig lange nicht, worunter sie leiden und würden stigmatisiert, da diese krankhafte Fettverteilungsstörung nicht selten als Adipositas fehlinterpretiert werde. „Der Weg zur Diagnose und entsprechenden Versorgung ist für diese Patientinnen häufig schwierig“, berichtet Ghods aus der Praxis.

Von der Diagnose zum Eingriff
Entgegen der häufig empfohlenen Diäten, die keine oder nur geringfügige Fettgewebsabnahme an den betroffenen Extremitäten bewirken, sollten Patienten mit Kompressionsstrümpfen, Entstauungstherapien und Physiotherapie behandelt werden. Eine Heilung sei so jedoch oft nicht möglich – im besten Fall lasse sich das weitere Voranschreiten der Erkrankung verzögern. Im schlimmsten Fall drohe gar die Berufsunfähigkeit, da Patienten schließlich, aufgrund von Bewegungseinschränkungen, Gelenkfehlstellungen und Arthrose, bedingt durch die Fettansammlungen, nicht mehr mobil seien. Die sekundären Kosten für die sozialen Sicherungssysteme seien enorm. Anders sei dies bei einer chirurgischen Intervention: „Die Behandlung erfolgt hier über eine Fettabsaugung, die die Patienten nachhaltig von ihrer Last der krankhaften Fettzellen befreit. Wir sind überzeugt, dass dies Patienten nachhaltig hilft. Daher hat sich die DGPRÄC seit 2014 intensiv am Stellungnahmeverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) beteiligt und die Therapie stets befürwortet“, berichtet Ghods und stellt klar, dass aufwändige Kostenübernahmeverfahren für jeden Einzelfall das Leid der Patienten aktuell unnötig verlängern.

Wege zur Erstattung
Die Möglichkeiten, diesen Eingriff zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbringen zu lassen, variiere je nach Stadium, berichtet Ghods. „Für das Lipödem im Stadium I und II läuft bis 2024 eine vom GBA beauftragte Erprobungsstudie, an der ich beteiligt bin. Von deren Ergebnissen wird es abhängen, ob die Fettabsaugung hier zur Regelversorgung wird. Angesichts meiner seit 2008 laufenden Forschungsarbeiten zum Thema, bin ich hier vorsichtig optimistisch“, führt der Plastische und Ästhetische Chirurg aus. Um in der Zeit bis zum Abschluss zumindest die am stärksten Betroffenen Frauen versorgen zu können, habe der GBA entschieden, dass diese Patientinnen bis 2024 zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse versorgt werden können, wenn bestimmte Bedingungen, hier vor allem ein BMI unter 40 und ein halbes Jahr erfolglose konservative Therapie nachgewiesen würden. „Dies ist durchaus sinnvoll, die begleitende Therapie der Adipositas ist hier unerlässlich“, führt Ghods aus. Eine weitere Möglichkeit auch für die Stadien I und II habe ein Urteil des Bundessozialgerichts im April dieses Jahres geschaffen: Dieses Urteilte, dass Krankenhäusern im Einzelfall auch „individuelle Heilversuche“ außerhalb einer vom Gemeinsamen Bundesauschusses (GBA) verabschiedeten Erprobungsrichtlinie durchführen dürfen, sofern die Methode „das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet“.

Die BSG-Richter nannten drei Voraussetzungen:

  1. Es muss „eine schwerwiegende, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung“ vorliegen.
  2. Es darf „keine andere Standardbehandlung verfügbar“ sein.
  3. Es muss nach den einschlägigen Vorgaben des GBA „die Annahme des Potenzials einer erforderlichen Behandlungsalternative“ gerechtfertigt sein.

Fachgesellschaften schaffen Evidenz und Transparenz
„Ich gehe davon aus, dass alle drei Faktoren für die Liposuktion beim Lipödem greifen“, betont Ghods. „Das ermöglicht es uns, auch weiterhin Erfahrungen in Diagnostik und Therapie des Lipödems zu gewinnen, auszuwerten und zu publizieren“, freut sich Ghods. „An der Wirksamkeit der Methode habe ich keinerlei Zweifel, trotzdem ist es notwendig, hier noch mehr Evidenz zu schaffen und vor allen Dingen für die Diagnose feststehende Parameter zu entwickeln, auf deren Basis dann angemessene Therapieentscheidungen getroffen werden können“, erläutert der Plastische und Ästhetische Chirurg und weist abschließend auf Informationen zum Thema Lipödem auf der Webseite der DGPRÄC sowie die dort hinterlegte Arztsuche hin, in der nun auch eine Suche nach dem Behandlungsschwerpunkt Lipödem möglich ist.

Informationen der DGPRÄC zum Lipödem:
https://www.dgpraec.de/patienten/op-infos/lipoedem/

Arztsuche DGPRÄC mit Behandlungsschwerpunkt Lipödem:
https://www.dgpraec.de/patienten/arztsuche/